Veranstaltung: | 1. Landesmitgliederversammlung 2025, 22.-23.03.2025 in Flöha |
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Tagesordnungspunkt: | 5. V-Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesmitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 23.03.2025 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Menschen mit Migrationsgeschichte in der GRÜNEN JUGEND Sachsen stärken – Antirassistische Verbandsstrategie
Beschlusstext
Rassismus ist tief verankert in unserer Gesellschaft und stark verwurzelt.
Menschen mit Migrationsgeschichte erleben tagtäglich unterschiedliche Formen von
Diskriminierung, Rassismus und rassistischer Gewalt. Um das irgendwann
überwinden zu können, braucht es eine antirassistische Haltung in der
Gesellschaft. Dabei ist Antirassismus nicht gleichzusetzen mit 'nicht-
rassistisch' zu sein, sondern eine antirassistische Haltung zeichnet sich
dadurch aus Rassismus zu erkennen, zu benennen und aktiv zu bekämpfen. Die tiefe
Verwurzelung von Rassismus wurde wieder in letzter Zeit sichtbar: Die
‚Migrationsdebatte‘ im Vorfeld der Bundestagswahl, das Sicherheitspaket und die
GEAS-Reform auf EU-Ebene haben gezeigt, dass Menschen mit Migrationsgeschichte
zunehmend durch die Politik unter Druck geraten. Eine Politik, die teilweise
auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mitgetragen wurde.
Wir, die GRÜNE JUGEND Sachsen, verstehen uns als antirassistischen Verband. Wir
stehen dafür ein, dass wir Druck auf die Entscheidungen der Bündnisgrünen
ausüben und weitere Verschärfungen z.B. des Asylrechts nicht tatenlos hinnehmen.
Dafür haben wir uns stark gemacht, sind auf die Straße gegangen und haben uns
mit Geflüchteten solidarisiert. Jedoch scheint es uns aktuell nicht zu gelingen,
Menschen mit Migrationsgeschichte aktiv in die Strukturen der GRÜNEN JUGEND
einzubinden. Neben den Umständen, dass wir barriereärmer werden müssen, dass wir
FLINTA*-Personen stärker einbinden müssen und dass wir allgemein inklusiver
werden müssen, müssen wir als Verband auch zugänglicher für Menschen mit
Migrationsgeschichte sein.
Ziele
Das erreichen wir nur, wenn wir ausreichend Angebote schaffen und Maßnahmen
etablieren, die es migrantisierten Menschen ermöglichen, in der GRÜNEN JUGEND
ihren Ort des politischen Engagements zu finden und auch ihr politisches zu
Hause. Wir müssen Menschen mit Migrationsgeschichte von Anfang an abholen, sie
dazu bestärken, politisch aktiv zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Dabei
stehen wir gegen die Annahme, dass antirassistische Arbeit ausschließlich von
migrantisierten Menschen erledigt werden muss. Folgende Ziele wollen wir hierfür
formulieren:
I. Interne Vernetzung und Förderung
Die Vernetzung von Menschen mit Migrationsgeschichte innerhalb der GRÜNEN JUGEND
ist ein wichtiger Baustein für eine offene Verbandkultur. Menschen mit
Migrationsgeschichte sollen die Möglichkeiten bekommen, sich miteinander
auszutauschen, voneinander zu lernen, sich miteinander über politische Themen
und gesellschaftliche Zusammenhänge auseinanderzusetzen, sich gegenseitig zu
empowern und Verantwortung zu übernehmen.
Diesen Raum müssen wir als Verband bereitstellen. Daher ist es ein kurzfristiges
Ziel, ein Vernetzungstreffen für migrantisierte Menschen auszurichten - zusammen
mit anderen Ostverbänden. So können wir Kräfte bündeln und Menschen mit
Migrationsgeschichte aus allen Ostverbänden ansprechen. So ein
Vernetzungstreffen kann der Startschuss für einen intensiven Austausch unter
Menschen mit Migrationsgeschichten in den Verbänden sein, welcher zum Ziel haben
sollte, solche Vernetzungstreffen zu verstetigen. Längerfristig ist das Ziel,
auch eine Vernetzung auf Landesebene zu etablieren, sofern es die Zahl der
Mitglieder, die das betrifft, zulässt.
Während Vernetzungstreffen dem allgemeinen Austausch dienen und strukturelle
Themen der Verbände ansprechen, sollten Fördertage etabliert werden, in denen
Menschen mit Migrationsgeschichte sich eher politisch und inhaltlich mit Themen
auseinandersetzen. Diese Themen sollten sich nicht ausschließlich um Rassismus
oder Diskriminierung drehen, sondern andere politische Themen beinhalten.
II. Förderung und Bildungsarbeit für migrantisierte Menschen
Wie im vorherigen Abschnitt deutlich geworden ist, ist es wichtig, dass
antirassistische Bildungsarbeit sich nicht ausschließlich mit strukturellem
Rassismus oder Diskriminierungsformen beschäftigen. Wir als GRÜNE JUGEND Sachsen
wollen dem Umstand Rechnung tragen, dass viele Menschen mit Migrationsgeschichte
sich nicht politisch gehört fühlen und erst spät politisch aktiv werden. Daraus
entsteht die Notwendigkeit, dass Bildungsangebote sich an die inhaltlich-
politische Arbeit an den Leitlinien der GRÜNEN JUGEND orientieren, denn wir sind
ein queerfeministischer, antifaschistischer und antirassistischer Jugendverband.
III. Antirassitische Bildungsarbeit im Verband
Um auch zu vermeiden, dass migrantisierte Personen zu ‚Rassismusexpert:innen‘
ausgebildet werden, ist es unabdingbar, dass im Verband antirassitische
Bildungarbeit, die für alle zugänglich ist, platziert wird. Dies dient nicht nur
allgemein dazu, dass wir uns stärker im Verband mit Antirassismus beschäftigen,
sondern dass alle im Verband dazu empowered werden, bei den antirassistischen
Arbeitsprozessen, die angestoßen werden, mitzuwirken. Auf Landesebene sollen
eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema bei Landesveranstaltungen mit
Bildungsslots forciert werden. Die Kreisverbände und Ortsgruppen werden dazu
ermutigt, sich regionale, externe Bildungsangebote einzuholen. Sie bekommen
Unterstützung bei der Organisation und Koordination durch das
Landesbildungsteam. Zudem wird geprüft, ob man zeitnah in verschiedenen Formaten
einen Antirassismus Basisworkshop landesweit anbieten kann.
Die Basis unserer antirassistischen Bildung soll sich vor allem dadurch
auszeichnen, dass:
- Rassismus strukturell in Gesellschaft, Politik und Gesetzen verankert ist;
- wir sprechfähiger gegen rassistische Diskriminierung und rechte Hetze
werden
- wir noch mehr zu Verbündeten werden, für Menschen die Rassismus erfahren;
- und wir Werkzeuge erhalten, um uns selbstzureflektieren und rassistische
Denkmuster abbauen.
IV. Ansprache von migrantisierten Menschen
Als GRÜNEN JUGEND Sachsen müssen wir uns auch bewusst sein, dass wir ein
offenerer Ort für viele Menschen werden müssen. Zunächst sind da die sozialen
Codes, die wir innerhalb der Strukturen der GRÜNEN JUGEND benutzen. Soziale
Codes sind oft nicht offensichtliche Regeln, Normen oder Sprache, die wir als
GRÜNE JUGEND innerhalb unseres Verbandes auf unterschiedlichen Ebenen nutzen.
Wir müssen darauf achten, dass wir in Kontexten, wo Menschen das erste Mal mit
uns in Berührung kommen, zum Beispiel in Plena oder auf der Straße,
selbstkritisch mit solchen Codes umgehen und diese erklären.
Dazu gehört auch, dass wir Menschen den Raum geben, sich in die inhaltlichen und
politischen Schwerpunkte der GRÜNEN JUGEND hineinzufinden. Wir wollen junge
Menschen empowern, politisieren und ausbilden. Das erreichen wir nicht durch die
Erwartungshaltung, dass sich Menschen direkt GJ-konform verhalten oder wir
Menschen belehren können. Deswegen bekennen wir uns dazu, dass wir mit mehr
grundlegenden Bildungsangeboten und 1-zu-1-Gesprächen mit Menschen, die zu uns
kommen, unsere Standpunkte erklären und eine gemeinsame politische Basis
schaffen.
Zudem wollen wir uns inhaltlich näher mit Themen beschäftigen, die Menschen mit
Migrationsgeschichte mehr ansprechen. Wir wollen Politisierungsmomente von
Menschen mit Migrationsgeschichte stärker mitnehmen und spiegeln das auf die
inhaltliche Ausrichtung des Verbandes wider. Das ist oft Arbeit und Soziales,
Asyl und Integration. Mit dieser Themensetzung wollen wir migrantisierte
Menschen besser erreichen.
V. Externe Vernetzung
Um auf Letzteres Bezug zu nehmen, wollen wir uns verstärkt mit Organisationen
vernetzen, die bereits antirassitische Arbeit leisten. Das können
Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und lokale Organisationen sein. Wir
streben an, uns zu vernetzen, Veranstaltungen und Aktionen gemeinsam zu planen,
inhaltliche Schwerpunkte zu setzen und zusammen Bildungsangebote zu
organisieren, auf Landes-, Kreisverbands-, und Ortsgruppenebene.
VI. LAK Antira
Um diese Strategie fortzuschreiben, antirassistische Arbeit im Verband zu
unterstützen, und Bildungsangebote zu planen, sollte die Bildung eines
Landesarbeitskreises Antirassismus geprüft werden. Auch hier gilt der Grundsatz:
An antirassistischer Arbeit sollten sich nicht nur ausschließlich Menschen mit
Migrationsgeschichte beteiligen, sondern dieser LAK ist für alle offen, die
voneinander lernen wollen und antirassistische Arbeit im Verband stärken wollen.
Der Landesvorstand verpflichtet sich zur Unterstützung des Landesarbeitskreises
im Falle einer Bildung.